Reisebericht 5 vom 19.03.2003 |
Ich weiss ja nicht wer darauf gekommen ist, aber die richtige Antwort auf die Frage ´Was haben der Gunbarrel Highway, ein Cyclone und ich gemeinsam?´ lautet: einer von
uns Dreien wäre besser nicht mit den anderen Beiden zur gleichen Zeit Aber nun der Reihe nach. Mein Weg von Wiluna führte über eine sehr grüne, teilweise sogar blühenden Hochfläche. Allerlei Tiere sind dort auch unterwegs. So sprang immer mal wieder das ein oder andere Känguru plötzlich auf (man kann sie fast nicht erkennen da sie die gleiche Farbe wie das Gebüsch haben) und beschleunigte beeindruckend. Dummerweise rennen sie dann prompt auf der Strasse vor einem her anstatt sich wieder ins Gebüsch zu verkriechen. Ich habe da Geschwindigkeiten von 40 – 50 km/h gemessen – damals tat mein Tacho noch J. Aber auch Emus, Kühe und sogar wilde Kamele trifft man dort an. Sogar ein Auto ist mir, auf der am meisten befahrenen Teilstrecke begegnet. Na das lässt im Falle einer Panne ja Hoffnung aufkommen.
Mann muss hier im Outback seine Feinde
gut aussuchen. Vor meiner Abreise war ich doch etwas verunsichert, was
die Population der Giftschlangen und – spinnen hier im Outback anging.
Auch in der YHA in Perth hingen da mächtig beeindruckende,
grossformatige Plakate mit den Sofortmassnahmen (wie denn mitten im
Garnichts?). Ich kam nachmittags auf der Carnegie Station an und tankte nochmals komplett auf. Ich verfüge insgesamt über ca. 220 l Diesel an Bord, was einer Reichweite auf Teerstrassen von runden 1600 km entspricht. Im 4 Radantrieb und Gelände erhöht sich der Verbrauch allerdings entsprechend. Damit war ich für den Gunbarrel Hwy durch die Little Sandy- und Gibson Desert gerüstet, denn Lebensmittel und Wasser hatte ich ja schon gebunkert. Faye Smith, die Hausherrin auf der Carnegie Station, meinte noch es könne ein Cyclone kommen. Ein kurzer Ausschnitt: Faye: ´Yeah mate, where are you heading too?´ Tom: ´I´m heading to Warburton and Alice Springs on the G.H.´ F.: ´Oh you may get a problem – may be you´re heading into a cyclone.´ T: ´How many rain does the cyclone brings?´ F: ´Nobody knows how many rain it brings. May be much- you get bogged, may be less – you don´t get a problem. Just try it mate. No worries.´ Niemand wüsste aber nichts Genaues…und die ersten 100 km seien noch in gutem Zustand, dann würde es etwas rauer. Sie notierte sich noch meine Abfahrtszeit und vereinbarte mit mir, dass, sollte ich mich nicht bis zu dem vereinbarten Zeitpunkt melden, sie beim Warburton Roadhouse anruft und nachfragt ob ich durchgekommen wäre. Ach ja, ich hatte die hintere Türe noch mit Klebeband versiegelt damit innen nicht mein ganzes Bett immer einstaubt. Abends zeigte sich dann, dass das Klebeband sehr gut, der Lack nicht gut haftend und mein Bett trotzdem eingestaubt war – but: no worries mate! OK, auf die Plätze – fertig – los! Die ersten 100 km die der Tag noch so brachte waren durchaus ok. Ab da kamen dann immer stärker Auswaschungen und Abbrüche. Klar, es regnete auch den ganzen Nachmittag. Dann war es Zeit für das Nachtessen und –lager. Irgendwo am Strassenrand, der Verkehr war ja nicht sooo heftig, parkte ich und sorgte für mein leibliches Wohl. Es gab Spaghetti (klar, aus der Dose) und einen guten Rotwein dazu. Irgendwann musste ich mich dann in den Wagen zurückziehen da der Wind und Regen immer heftiger wurde.
Die Nacht war ok – windig und verregnet halt. Die nächtlichen Temperaturen sanken auf 5-10 Grad im Fahrzeug. Der nächste Morgen, wir schreiben Sonntag, begann für mich mit der Dämmerung. So wie man mit dem Sonnenuntergang ins Bett geht, steht man mit dem Sonnenaufgang auch wieder auf. Gegen 6.00 Uhr bin ich aufgebrochen und musste feststellen, dass Faye eineindeutig (wie die Mathematiker sagen) recht hatte. Für schlappe 100 km benötigte ich 4 ¾ Stunden und es sah in keinster Weise nach einer Besserung aus – im Gegenteil. So kämpfte ich mich mühsam voran, der ´Highway´ war immer öfter überflutet und musste um- oder durchfahren werden. Bei einer dieser Umfahrungen ist es dann auch passiert: es macht ´schluuuurp´ und das Fahrzeug (Stefan und Nobbe werden es bestätigen) sitzt wie festgeschraubt in tiefem, von Regen durchweichtem Schlamm. Die Reifen drehen durch weil das Fahrzeug mit dem Boden aufsitzt (auf dem Bild sehr deutlich an den Schleifspuren zu sehen). Klasse dachte ich so bei mir, du sitzt hier über 200 km entfernt von jeglicher Hilfe, und das wohlgemerkt in jeder Himmelsrichtung, und versenkst dein Auto am 2. Tag! Um mich herum Matsch und Pfützen wo sich der Grund nur grob erahnen lässt. Es würde sicherlich auch kein anderes Fahrzeug vorbeikommen, solange die Piste nicht einigermassen ausgetrocknet ist.
Wir haben das ja früher schon hobbymässig gemacht. Allerdings bei der Deutschen Geländewagenmeisterschaft immer mit den entsprechenden Bergungsfahrzeugen direkt vor Ort. Hier war nun nicht an irgendwelche Hilfe zu denken… Aber wie sagt der Australier so treffend: no worries mate! Also raus aus dem Auto, versunken bis zu den Knöcheln und die Umgebung sondiert. In ca. 40 m Entfernung wurde ich in Form eines alten Baumes fündig und fing an meine Winde (also die am Fahrzeug befindliche) abzuspulen. Da sind doch immerhin 50m Stahlsein drauf – das sollte reichen. Zusammen mit dem Baumschutzgurt reichte es auch, der Baum wurde nicht mal entwurzelt – handelte es sich doch mehr um ein Bäumchen. Wie hätte es auch anders sein können, ging dann auch noch die Kabelfernbedienung für die Winde kaputt. Es ging nur noch auf- nicht mehr abwickeln. Aufwickeln war in diesem Fall ja aber wesentlich wichtiger L. So habe ich dann Stück für Stück das Fahrzeug aus dem Modder geborgen – der Zustand des Fahrzeugs dann auf festem Grund war mehr als betrüblich. Schlamm bis aufs Dach verteilt, die Radkästen gefüllt damit. Es sollte dies jedoch nicht das letzte Mal sein… Auch, dass sich ein Baum in so geschickter Reichweite befand war ein durchaus glücklicher Umstand – der auf dieser Strecke nicht garantiert wird. Ich lernte praktisch minütlich was dazu. So wurde der rechte Aussenspiegel (ja, der beim Fahrer!) zu einem guten Freund. Zeigte er mir doch anhand des Verschmutzungsgrades des hinteren Rades an, ob die Diagnose des Untergrundes durch meine fahrdynamischen Messinstrumente richtig erfasst wurden. Später lernte ich dann auch, dass es meist besser ist eine Wasserdurchfahrt zu riskieren als eine Umfahrung zu wagen. Denn die geflutete normale Fahrspur wurde über Jahre hinweg festgefahren – die Umfahrung hingegen durch den Regen 30 bis 70 cm tief eingeweicht. Es sollte dies nicht das letzte Mal sein, dass ich Probleme mit dem Matsch bekommen habe. So kämpfte ich mich Stunde für Stunde durch die inzwischen zur ´Matsch-wüste´ gewordenen Natur – denn es regnete und stürmte immer noch. Immer wieder sah ich nicht sehr alte Reifenspuren, also musste doch irgendjemand noch hier draussen unterwegs sein. Einige hundert Kilometer weiter steht dann ein ´Gästebuch´ am Rand des Gunbarrel Hwy. Der dortigen Eintragung konnte ich entnehmen, dass vor ca. 1 Tag ein deutsches Pärchen fast ohne Probleme hier durchgekommen ist. Vielleicht würde ich sie ja treffen – wir hätten dann beide etwas Absicherung im Falle des Festfahrens. Am späten Nachmittag dann die Überraschung: kurz nach einer Kurve, in einer von Büschen bewachsenen Senke, war die Strasse nicht nur geflutet, nein die ganze Strasse bzw. die Abzweigung war ein einziger See. Könnt Ihr Euch meine Gedanken just in diesem Moment vorstellen? Nach ein paar Momenten der Besinnung gings dann los. Irgendwie musste ja auch dieses Problem zu lösen sein… Raus und erst mal die Lage sondiert. Die Spuren des Vorgängerfahrzeugs führten rein in den See. Aber kamen sie am anderen Ufer auch wieder heraus? Schuhe aus und ab durch den See, der mir immerhin bis zu den Knien reichte. Komischerweise kamen am anderen Ende aber keine Reifenspuren heraus – und sooo tief, dass ich das Fahrzeug n icht mehr sehen würde war es ja auch nicht. Ich bin dann noch ca. 3 km über die nächste Kuppe gewandert, aber auch dort keine Reifenspuren. Mein Gedanke war, dass die Beiden vielleicht eine Umfahrung genommen hätten – diese hätte ich dann zurückverfolgen und auf Befahrbarkeit überprüfen können. Aber NICHTS, REIN GARNICHTS! Auch die von mir abgesuchte Senke zeigte keine Fahrspuren. Dafür ziemlich tiefen Matsch, meine Schuhe füllten sich bei jedem Schritt und dem dazugehörigen Einsinken weiter mit Matsch und Wasser. Irgendwann stört das aber auch nicht mehr. Da es mittlerweile dämmerte (nein nicht mir – der Tag neigte sich dem Ende zu!) suchte ich mir einen Standplatz, der auch bei weitersteigendem Pegel Sicherheit für die Nacht bot. Denn es regnete und stürmte immer noch… Irgendwie hat es mir den Appetit verdorben und ich bin früh ins Bett – am nächsten Morgen dann auch entsprechend früh wieder raus aus dem Bett und zurück an den See. Aber wie sollte der Pegel sinken wenn es durchregnete? Also nochmals durch den See auf die andere Seite und weitere 5 km auf Fahrspuren untersuchen. Aber auch hier: NICHTS, REIN GARNICHTS! Und wie ich auf dem Rückweg mit einem Blick in das ´Gästebuch´ feststellen musste sind Sie auch nicht zurückgefahren. Was haben die Zwei besser / anders gemacht wie ich? Und wo sind sie letztlich abgeblieben? Ich war reif für eine Krisensitzung mit Lagebesprechung: + offensichtlich führt kein, oder nur ein sehr riskanter Weg durch diesen See, weder geradeaus noch auf die Abzweigung zum Heather Hwy + die ganze Talsenke ist total durchnässt und damit unpassierbar + die Seilwinde wird elektrisch betrieben – der See besteht aus Wasser. Sollte sich also die Winde mit dem See vereinigen: Ende Gelände mit einer Bergung + wirklich erschwerend kam hinzu, dass es kein Bäume (ihr erinnert Euch:´ …, in einer von Büschen bewachsenen Senke…) zum Festmachen der Winde gab + es regnete und stürmte immer noch + meine Moral hat unter den letzten Erfahrungen etwas gelitten + ich war nur noch lächerliche 85 km von dem sicheren Warburton Roadhouse entfernt + auf den zurückgelegten ca. 705 km hat es die letzten Tage auch durchgeregnet – was ist wohl aus den Passagen geworden die auf der Herfahrt schon ein Problem waren? Ausserdem würde der Rück- und Umweg über die Great Central Road einen Umweg mit ca. 1800 Mehrkilometer bedeuten. + Wie lange wird der Regen wohl noch anhalten? = Rückfahrt. Ø Denn sollte ich, beim Versuch den See zu queren, das Fahrzeug versenken müsste ich wohl ca. 10-14 Tage auf Hilfe warten. Von den Lebensmitteln und Wasservorräten kein Problem. Ø Bei einer missglückten Umfahrung müssten die, irgendwann ankommenden, Helfer mich erst irgendwo im Gelände finden. Ø Abwarten bis es aufhört zu regnen und dann auch noch einigermassen abgetrocknet ist würde meine Geduld wohl zu sehr strapazieren. Denn ihr könnt Euch vorstellen, dass auch mein Tr/a/e/cker innen natürlich entsprechend feucht und durchaus etwas matschig war. Das Wort Biotop wäre aber etwas übertrieben. Hierin noch eine Woche zu wohnen während es draussen dauerregnet…? Nein Danke. Ausserdem hatte ich den Gunbarrel Hwy ja fast schon geschafft. Dies alles sorgfältig abgewogen entschied ich mich für den Versuch eines geordneten Rückzuges in Richtung Carnegie Station. Leider war dies auch nicht ganz so einfach wie auf der Herfahrt, denn die Schotter- und Erdpiste hatte ja zwischenzeitlich auch 3 Tage Dauerregen hinter sich. Dies führte dazu, dass jede kleine Senke (oder floodway) sich in eine Wasserdurch- fahrt verwandelte – immer mit dem unkalkulierbaren Risiko des sog. bogging verbunden. Unter bogging versteht der Australier das hoffnungslose Festfahren im Matsch – mein Alptraum. Um aber unnötige Panik im Hause der Eltern Bauer zu verhindern werden weitere Eindrücke und Details dieser Rückfahrt nur in vertraulichen Einzelgesprächen vermittelt. An einem der nächsten Abende, lange nach Einbruch der Dunkelheit, kam ich dann erschöpft und dankbar wieder auf der Carnegie Station an. Denn die ursprünglich ´besten´100 Kilometer hatten sich um 180 Grad gewandelt. Faye empfing mich freundlich und wahr froh dass alles gut gegangen war. Ich wollte nur noch Duschen und Schlafen – und genau das tat ich dann auch. Leider handelte es sich (ihr erinnert Euch: ´…der heisseste Sommer seit 3 Jahren…´) wieder um eine Ausnahmeerscheinung die so seit Jahren nicht aufgetreten ist. Faye meinte sie hätten seit vielen Jahren nicht mehr soviel Regen hier gehabt. Des Einen Glück, des Andern Leid. Aber auch der Rückweg nach Wiluna war zurzeit wegen den Strassenzuständen nicht möglich. Selbst diese Strasse war aufgeweicht und damit unbefahrbar. So blieb ich 2 weitere Tage bis der Telefonmann zur Reparatur der defekten Telefonzellen kam – er hatte sich auf einem Umweg durchgeschlagen. Als Tandem sind wir dann zwei Tage später aufgebrochen und haben uns nach Wiluna durchgeschlagen. Tja, das waren meine Erfahrungen in einer von Regen überfluteten Wüste! Übrig bleibt die Frage: wo sind die anderen Deutschen abgeblieben? Wie vereinbart erhielt Faye von den Beiden einen Anruf, sie waren ca. 10 Stunden früher dran und konnten so an dem ´See´ noch rechts auf den Heather Hwy abbiegen. Ein kleiner Umweg von 10 km und sie waren am Ziel. Bei der Abfahrt meinte Faye noch: ich könne stolz sein, hätte ich doch den Gunbarrel Hwy unter schwersten Bedingungen in beiden Richtungen befahren. Ein schwacher Trost – aber nett gemeint. Für mich bedeudete dies, dass ich nun über den Great Northern Hwy (in Südrichtung) bis zum Great Central Hwy und auf diesem dann bis nach Yulara (früher auch als Ayers Rock resort bekannt) fahren würde. Wieder xxxx km Gravelroad mit den bekannten Corrugations, Auswaschungen und floodways. Aber auch das habe ich erfolgreich hinter mich gebracht. Allerdings werden die fahrzeugzermartternden Waschbrettpisten wohl nie zu meinen bevorzugten Strecken zählen. Die Wüste hatte hier allerdings wunder schöne Sonnenauf- und –untergänge Zu bieten. Ich werde ein Musterfoto anhängen. Bitte entschuldigt die etwas längere Ausführung….
Gruß Tom
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